Mittwoch, 23. Januar 2008

Håndbold feber

Derzeit findet in Norwegen die Handball-Europameisterschaft statt. Eine Sportart, die in Österreich nur ein Schattendasein fristet, sich in Dänemark hingegen größter Beliebtheit erfreut und so manche(n) hier in das "Håndbold feber" (Handball-Fieber) versetzt. In unserer Bar werden gemeinschaftliche Abende vor dem Fernseher organisiert und diese per Email und Aushang in allen Gebäuden des Studentenheim-Komplexes angekündigt: Håndbold wird hier an den Spieltagen von 16 bis 20 Uhr auf "TV 2 Sport" übertragen, das Spiel von Dänemark ab 18.15 Uhr zusätzlich noch auf "TV 2" gezeigt. Sogar im Fitnessklub wurde ich gestern darauf angesprochen, ob ich mir "das Spiel" abends ansehe. Zu dem Zeitpunkt wusste ich peinlicherweise noch nicht mal welche Sportart überhaupt gemeint ist, geschweige denn, dass eine Handball-EM abgehalten wird. Ich hoffe man spricht dort trotz der unfreiwilligen zur Schaustellung meines Handball-Desinteresses weiterhin mit mir ...

Mein Auto steht seit Montag früh in der Werkstatt in Skanderborg. Wie könnte es anders sein, gab's natürlich wieder mal eine unerwartete Wendung. Wie jede Versicherung, die die Erstattung von Kosten fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, ist hier auch die Tryg Forsikring keine Ausnahme. Grundsätzlich werden Kosten für Leihfahrzeuge schon rückerstattet ... an dieser Stelle kommt nun das unvermeidbare "aber" ... aber, das nur wenn man nachweisen kann, dass man das Fahrzeug für geschäftliche Zwecke und/oder außerhalb der Stadt benötigt. Als Austauschstudent komme ich da leider ein wenig in Beweisnotstand. Zu den beiden Werkstätten-Heinis (jeweils Leiter Werkstatt & Service) war ich dann leider ein wenig ungehalten: Kommt keiner auf die Idee mich anzurufen und mir das vorher zu sagen, damit ich - bereits in Kenntnis der Lage - rechtzeitig und vorbereitet selbst bei der Versicherung anrufen kann, um vielleicht doch noch etwas herauszuholen? Nein, das erfahr' ich Montag morgen bei der Schlüsselabgabe in der Werkstatt. Mein Fahrzeug soll dafür angeblich vielleicht schon Freitag fertig sein. Naja, damit rechne ich vorläufig mal gar nicht ...

Zwei Stunden nachdem ich zähneknirschend anhand der erhaltenen Wegbeschreibung zur Busstation marschierte, um die unfreiwillige Irrfahrt von Skanderborg nach Århus in Angriff zu nehmen, war ich wieder zuhause. Für diese Fahrt durch alle drei Zonen durfte ich 38 Kronen löhnen und mir für weitere Busfahrten in dieser Woche auch noch eine Klippekort (10 Fahrten) um weitere 115 Kronen kaufen. Sauerei, das Ganze! complain

Am ersten Tag meiner neuen ungewollten "Freiheit" (also nicht im eigenen Auto sitzend) gleich ein unliebsames Erlebnis: Als ich aus dem Bus der Linie 12 aussteige, seh' ich schon den Anschlussbus, den ich nehmen muß. Also schnell hingelaufen und gerade noch bei der hinteren Tür reingehüpft. Geschafft! Nach dem anfänglichen Ärger mit der zuvor falschen Buslinie, klappt's also doch noch und nun geht's in Richtung Ziel, sprich der Fitnessklub Equinox in der Nørrebrogade. Jetzt nur noch die Randersvej hinunter: Ich nehme Platz und bin in Gedanken schon im Gym. Denkste! Der Fahrer denkt nicht daran loszufahren, schaut noch ca. 20 Sekunden in meine Richtung und sagt dann etwas mir Unverständliches, dass aber deutlich an mich adressiert war. Natürlich dreht sich jeder um und ich muß natürlich nach vorne gehen wie ein Schuljunge, der in der Volksschule zur Lehrerbank zitiert wird. Ich erklär' ihm, dass ich bereits meine Klippekort entwertet habe, zeig' sie ihm auch - und das war's! Ich hab' bis heute keine Ahnung was das eigentlich sein sollte. Vermutlich sehe ich wie ein potentieller Schwarzfahrer aus, der schamlos die öffentlichen Verkehrsdienstleistungen in Anspruch nimmt, ohne dafür zu bezahlen. Wenn ich mir allerdings überlege welche Gestalten eindeutig nicht dänischer Herkunft sich in den Bussen so rumtreiben, muss ich meine eigene Theorie entkräften. Naja, Schwamm darüber ... ansonsten gab's bislang keine Probleme!

Bei der Planung meiner Routen bin ich auf eine Unart der  offiziellen Seite midttrafik.dk gestoßen: Man kann sich die Information über die Busrouten nur einzeln als PDF-File ansehen, aber alle Busrouten auf einer übersichtlichen Karte zu sehen - das spielt's nicht. Dies ist später vielleicht nicht so wichtig, wenn man schon öfters unterwegs war und die Linien kennt. Zu Beginn ist es jedoch frustrierend und wurde auch schon früher von meinen Kollegen bemängelt - nur bin ich bislang dank des Luxus eines eigenen Transportmittels damit nie in Berührung gekommen und hab' ich es bislang auch wieder vergessen.

Da ich schon über die öffentlichen Verkehrsmitteln hier spreche, gleich noch ein paar Details, die mir spontan einfallen: 
  • Die "Öffis" bestehen ausschließlich aus Bussen, Straßenbahnen gibt es in Århus nicht.
  • Bustüren sind immer mit optischen Markierungen (rotes Einbahnzeichen bzw. weiße Balken auf grünem Hintergrund) versehen. Man darf entweder einsteigen oder aussteigen. Im Fall von nur zwei Doppeltüren am gesamten Bus gilt immer: Hinten einsteigen, vorne aussteigen!
  • Århus ist in drei Zonen aufgeteilt. Ein Standard-Fahrschein bzw. ein Streifen auf dem 10-Zonen-Fahrschein gilt für zwei Zonen.
  • Die Klippekort wird nicht gefaltet (wie ich es noch von Österreich kennen), um sie stempeln zu können. In der dänischen Version wird gestempelt und gleichzeitig links einfach ein Teil weggeschnitten, d.h. kein Falten notwendig.
  • Gelbe Bus verkehren innerstädtisch (plus Umgebung), blaue Busse sind Überlandlinien und verkehren somit auch außerhalb der Stadt.
  • Manche Haltestellen sehen etwas eigenartig aus. Als Beispiel ein Foto, das ich in einem Picasa-Webalbum einer mir unbekannten Person gefunden habe. Diese Haltestellen sind allerdings nur vereinzelt anzutreffen.

Ach ja - noch schnell ein anderes Thema: Wenn ich bis 4. April 2008 hierbliebe, würde ich mir die gesamten Studiengebühren für das kommende Semester (immerhin ca. 390 Euro) ersparen. Um diese Befreiung kann man ansuchen, wenn man zumindest 4 Wochen des Semester im Ausland verbringt. Inzwischen hab' ich in der Kürze versucht einen halbwegs vernünftigen Job zu finden, um  die finanziellen Ressourcen für die eventuelle Verlängerung aufbringen zu können und heute hätte es beinahe geklappt (Stundenlohn: 300 DKK!). Leider wurden aber keine Leute mehr gesucht. Da ich bis nächsten Montag den Mietvertrag hier verlängern müsste, wird sich das aber leider zeitlich wohl nicht mehr ausgehen ...